Fotografien & Texte

Frühe Bilder, 1910 bis 1970


Mein Großvater ist am 10. September 1885 geboren. Ohne ihn wäre mein Leben ganz sicher viel schlechter verlaufen. Er und meine Großmutter waren es, die mich nach dem frühen Tod meiner Eltern 1956 auffingen. Außerdem weckte Hermann mein Interesse an der Technik und am Radfahren. Es ist an der Zeit, dass endlich Bilder meiner Großeltern auf meine Seite kommen. Er war Tuchgroßhändler, ein Bild aus dem Jahr 1910, in seiner Firma Alexander & Bernhard, in Berlin-Mitte, Mohrenstraße 62. Rechts neben ihm steht sein langjähriger Freund Matthes, den ich auch noch kannte. Matthes war sein Nachname. Er wurde von Hermann nie mit seinem Vornamen angeredet, den kenne ich deshalb auch nicht. Der strenge Mann mit Schnurrbart, der rechts neben ihnen sitzt, ist bestimmt einer der Chefs. Es ist sicher mein ältestes Bild. Ein Bild im relativ langen Frieden zwischen 1871 und 1914. Im Ersten Weltkrieg wurde Hermann dann Soldat.

Mein Großvater, stehend in der Mitte links mit dem Tuch in der Hand, 1910


Feldpostkarte, gestempelt am 14. August 1915


Eine Feldpostkarte aus dem 1. Weltkrieg. Ich nehme an, der Soldat in der Mitte, mit dem "Vorwärts" in der Hand ist mein Großvater Hermann. Der "Vorwärts" ist das Organ der SPD, ein tolles Ding, als Soldat in der Kaiserzeit. Nun ja, die SPD hatte damals ja die Kriegskredite mit abgesegnet.

Mein Großvater mit meiner Mutter, meine Eltern und ich, in Tante Röschens Garten, ca. 1953


Großvater Hermann gratuliert Tante Röschen zur Hochzeit, 13. Mai 1955

 

Kläuschen auf dem Markusplatz, Berlin-Steglitz, ca. 1955

 

Die Turnschuhe waren blau-weiß, ähnlich wie auf dem Bild. Das war damals ein gewisser Standard. Was mag ich dieses Bild! Es ist schon seltsam, dass man auf alten Bildern immer so jung aussieht.


Goldene Hochzeit meiner Großeltern Jenny und Hermann, 10. Oktober 1957


Vorne links sitzt Matthes, der Freund meines Großvaters aus dem ersten Bild. Meine Tante Ilse und Onkel Alex dahinter schauen in die Kamera. Auch die anderen Gäste sind mir namentlich noch bekannt. Es war die letzte Zeit in unserer Wohnung im Millionen-Block. Meine Eltern lebten schon seit über einem Jahr nicht mehr.


Kinderverschickung nach Kirchberg ob der Donau / Oberösterreich, 1961


Der Berliner Stadtjunge (vordere Reihe, rechts) auf einem Bauernhof in Oberösterreich. Eine wirklich schöne Reise zur Familie Zalto in Kirchberg ob der Donau. Ganz links steht Karoline Zalto, die Tochter der alten Zaltos. Sie hatte ich Mitte der Achtziger noch einmal gesehen, von ihr hatte ich das Bild bekommen. Der fast Zehnjährige hatte den ganzen Tag für sich Zeit. Er musste sich nur pünktlich zum Essen und Schlafen einfinden, sonst war er 4 Wochen frei. Sonntags musste er allerdings in die Kirche. Eine glückliche Zeit. In diesem Urlaub wurde am 13. August 1961 in Berlin die Mauer gebaut. Zum Fall der Mauer am 9. November 1989 weilte ich, konsequenterweise, auch nicht in Berlin.

Gedanken zur Wende ►


Klaus an der Bergstraße, ca. 1962/63, Foto: Günter Jankowiak

 

Mit Günter wohnte ich ab 1958 im selben Block. Er ging zusammen mit Bärbel in eine Klasse höher. Wir hatten die Klassenräume unmittelbar nebeneinander. Ich kannte fast alle Jungs der Nachbarklasse, Bärbel war mir damals noch nicht aufgefallen. Wir haben uns gerade getroffen und Günter hatte mir einige Bilder aus den frühen Sechzigern mitgebracht. Sie wurden mit einer Agfa-Box aufgenommen. Was mir bei den Bildern besonders auffiel, sind die wenigen Autos auf der Straße. Man sieht es auch beim nachfolgenden Bild.


Mein erstes großes Fahrrad, 1964, Foto: Harald Stech


Mein Alltagsrad, selbe Stelle, 2017


Mein Großvater hatte mir mein erstes 26er-Rad geschenkt, mein ganzer Stolz. Leider hat sich das Rad 4 Jahre später im Jugendwohnheim Kruppstraße, langsam in Luft aufgelöst. Meinen Mitinsassen des Heimes, die das gemacht haben, sollen die Hände abfallen. Dieses Bild hat mein Freund Harald aufgenommen. Harald ist mit 19 Jahren an den Folgen seiner Drogensucht gestorben. Es ist schon so lange her, dass es kaum noch wahr ist. Er war genau zwei Tage jünger als ich. Das Bild ist bei mir um die Ecke aufgenommen, die Läden gibt es schon lange nicht mehr in meinem Kiez. Ich wohne hier seit 1958, bin also erstaunlich sesshaft.

Das Bild an derselben Stelle war nicht leicht ohne Autos zu machen. Deshalb hat es auch nicht 100 % die gleiche Perspektive. Ich bin ja schon froh über den Anhänger gegenüber. Mit dem Oberschenkel auf dem Oberrohr war es mir zu wacklig, jünger bin ich nicht geworden. Wie man es auch sehen kann. Aber ich fahre immer noch mit dem Rad.


Klaus, 1969, Foto: Robert Wolf
Hier das Bild mit Lightroom von mir koloriert


Ein Bild aus meiner schlechtesten Zeit, im Jugendwohnheim in der Moabiter Kruppstraße. Das Bild wurde vom Erzieher Wolf gemacht, der dort sein Fotolabor hatte. Damals wurde meine Leidenschaft zur Fotografie noch nicht geweckt.

Ein Jugendwohnheim ist kein Erziehungsheim. Ich mag vielleicht schwierig gewesen sein, so weit ging es jedoch nicht. Ich bin bei meinen Großeltern aufgewachsen. Sie sind nur zu früh gestorben, um mir das wirklich herbe Erlebnis von 4 Jahren Jugendwohnheim zu ersparen. Es war eine sehr unangenehme Zeit, die mich geprägt hat und mich noch heute, nach all den Jahren bedrückt. Diese 4 Jahre gehen natürlich von meiner Sesshaftigkeit aus dem vorherigen Abschnitt ab. Ich wohne jedoch nach wie vor in der Wohnung, in der ich schon mit meinen Großeltern gewohnt habe.

Bericht "Jugendwohnheim Kruppstraße" ►

 

Gruppenbild, Ausbildung in der Metall-Werkstatt, Fernmeldeamt 3, Tempelhof, 1968


Gruppenbild in der Schaltwerkstatt, Fernmeldeamt 3, Tempelhof, 1969

 

Ich im grauen Wagen, Postamt Neukölln, 1969


Mit der Lehre als Fernmeldehandwerker war ich nach dem kleinen Martyrium Schule auf dem richtigen Weg. So ganz einfach war meine Lehre bei der „Grauen Post“ aber doch nicht. Lehrjahre sind halt keine Herrenjahre. Es waren viele Ausbilder recht niederträchtig und besaßen den „Gesunden Menschenverstand“ der sechziger und früheren Jahre. Der Ausbilder kam an den Arbeitsplatz und legte ein Zweimarkstück auf die Werkbank. Das hieß: ab zum Friseur. Dafür musste es wohl eine Kasse gegeben haben, aus der eigenen Tasche wurde es sicher nicht bezahlt. Das wurde auf Dauer von uns Lehrlingen nicht hingenommen. Es kamen jedoch die Lehrbautrupps mit Außendienst und deren finanziellen Zulagen. Die Langhaarigen wurden nicht mit herausgenommen, damit gab es auch nicht das Geld. Begründung: Solche Penner könnte man den Kunden nicht zumuten. Mein Kollege Dieter M. beschwerte sich beim Ausbildungsleiter, er werde nicht richtig ausgebildet. Dies schlug ein wie eine Bombe. Wir Longhairs kamen danach auch in den Außendienst, diesmal mit der Schikane, ein Haarnetz tragen zu müssen. Als Arbeitsschutz, damit man sich die Haare nicht am Lötbrenner ansengt. Wie wird das auf die Kunden gewirkt haben? Diesen Typen fiel immer etwas ein, um ihre spießigen Vorstellungen durchzusetzen. Frauen gab es damals noch nicht in unserem Ausbildungsberuf.

Mein Kollege Michael K. schimpfte im Keller in der Weichselstraße über einen unserer Ausbilder, der urplötzlich aus der Kellertreppe gewachsen war und alles mithören konnte. Eine Verhandlungsschrift oder Abmahnung war die Folge. Dieter und Michael bekamen als Einzige nach Beendigung der Ausbildung keinen Arbeitsvertrag bei der Bundespost, obwohl Fernmeldehandwerker gebraucht wurden. Mehr noch, Michael bekam keine Arbeit im gesamten Öffentlichen Dienst. Er wollte als Fernmelder zur Feuerwehr.

Noch ein paar Details von meiner Lehrzeit. Am Anfang waren es 9 Monate Metallwerkstatt. Nicht gerade das Richtige für jemand, der sich brennend für Elektrotechnik interessierte. Wir waren „Schulzes Feilknechte“, ein witziger Begriff. Werkstattleiter Schulz war der dritte von rechts, unten im Gruppenbild. Den Sinn und Gewinn dieser Ausbildung sehe ich heute total anders. Was ich dort handwerklich gelernt hatte, konnte ich in meinem Restleben immer gut gebrauchen. Ich habe nicht zwei linke Hände behalten. Es folgten Schalt- und Wählerwerkstatt, Sprechstellen- und Kabelbautrupp. Es gab sehr viel Theorie an der Fernmeldeschule und während der häufigen Unterweisungen in den Lehrwerkstätten. Dies legte den Grundstein für mein anschließendes Studium. Rückblickend war es eine sehr gute Ausbildung, aber nicht ganz das, was ich mir vorgestellt hatte. Mit einem Ausbilder aus der Schaltwerkstatt habe ich später zusammen an der Fachhochschule studiert. Eine seltsame Wendung. Obwohl ich später viel beruflich mit der Telekom zu tun hatte, habe ich keinen der Mitlehrlinge wiedergesehen. Vielleicht liest hier jemand von den früheren Kollegen. Unbedingt melden, ich würde mich sehr freuen!

Der letzte Satz ist inzwischen etwas überholt worden. Nach einer Störung in dieser Web-Seite hat sich ein Mitarbeiter der Telekom bei mir gemeldet. Er rief mich nach Behebung der Störung nochmals an, er hätte in meine Seite geschaut. Er hatte erst kurz nach Beendigung meiner Ausbildung bei der Bundespost, als Lehrling angefangen. Damit ist ein Anfang gemacht. Es gab einige Parallelen bei uns.