Bärbels & Kladdis Seite
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Wien-Bratislava-Brno-Wroclaw, Juli 2025


Samstag, 5.7.

Wien, Pressburg, Brünn und Breslau, der Revanchismus liegt mir fern, deshalb benutze ich hier die slowakischen, tschechischen und polnischen Namen der Städte. Wir fahren mal wieder mit Friedhelm, der schon viele unserer Fotoreisen organisiert hat. Als wir uns zur Reise bei Friedhelm angemeldet hatten, war noch alles in Ordnung. Vor 5 Wochen hat sich allerdings Bärbel bei einem Sturz vom Rad den Oberschenkelhals gebrochen. Da schon alles gebucht war, ist die zweitwichtigste Frau in meinem Leben eingesprungen. Meine Physiotherapeutin Usch ist spontan mitgefahren. Die Ziele sind einfach zu verlockend.

Die erste Zugbuchung um 9:41 wurde schon nach ein paar Tagen nach vorne verschoben, weil in Nürnberg der Wiener Zug nicht erreicht werden konnte, ein Grund wurde nicht angegeben. Also 8:35, einen Tag vor der Reise gab es dann Vandalismus auf der Strecke, das DB-Management wird wohl in die Ladenkasse gegriffen haben. Eine Meldung an mich, niente. Das habe ich nur durch Zufall entdeckt, man schaut ja, bei dem Chaos bei der Bahn, öfters auf den Fahrplan. Nun mussten wir den Zug um 6:35 nehmen, zu dieser Zeit hatte ich schon Schwierigkeiten mit dem Bus zum Bahnhof Südkreuz zu kommen, also eine Taxe, 18 €. Ich hatte schon eine Aufhebung der Zugbindung durch die erste Verschiebung, Usch nicht. Zirkus bei der Fahrscheinkontrolle, der Schaffner wusste wahrscheinlich nichts vom Vandalismus. Ging dann aber durch Bärbels und meine Mail gut. Dass Usch etwas anders aussieht, hat er nicht bemerkt. Ich mag es kaum sagen, in Erfurt kamen dann noch einmal 35 Minuten dazu, weil das neue Zugpersonal zu spät vor Ort war. Neue Mail für die Rückfahrt von Wroclaw nach Berlin, die Verbindung klappt nicht. Wir müssen von Frankfurt/Oder mit dem SEV-Bus fahren. Die DB kann man in der Pfeife rauchen. Den Zug nach Wien haben wir bekommen, allerdings auf einem anderen Bahnsteig und mit verwirrender Durchsage. Unser Zug ist zur gleichen Zeit abgefahren wie der vorausfahrende, der eigentlich eine Stunde früher hätte fahren müssen. In diesem Zug sitzen Brigitte und Friedhelm. Die Verwirrungen bei der DB müssen schon dem Führungspersonal anstrengend sein, wann reagiert endlich die Politik? Eingecheckt und gerade noch pünktlich zur ersten gemeinsamen Verabredung draußen, in einem schönen Wiener Restaurant. Schöne österreichische Spezialitäten, Verhackert, Liptauer und dazu einen Krautsalat, wunderbar. Eine Auffälligkeit war, es gab einige orthodoxe Juden in schwarzer Kleidung und mit großen Hüten auf der Straße. Bei der Stimmung in Berlin leider undenkbar. Hass aus Tradition.

Erstes Treffen


Sonntag, 6.7.

Vormittags mit U-Bahn und Bus zum Otto-Wagner-Areal. Dort wurde von ihm eine „Irrenanstalt“ gebaut. Wunderschönes Ensemble mit der berühmten Kirche darüber. Die Kirche im Jugendstil, was ich eigentlich nicht mag. Sie war jedoch wirklich schön, von Innen. Hinterher zu einem chinesischen Restaurant mit schattigem Gastgarten. Gute pikante saure Suppe. Mit Straßenbahn und Bus zum ersten Haus von Otto Wagner, das ihm dann zu aufwendig wurde. Ernst Fuchs hat es übernommen. Kitschiger geht es kaum. Aber es gab ein riesiges Zimmer mit Lotterbett und einem Bild einer sehr vollbusigen Dame dahinter. Busen und Po sind gut im Haus vertreten. Ich kann mir vorstellen, wo Ernst Fuchs gerne anfasste.  Über das Bett würden sich unsere Bären freuen, alle würden reinpassen. Dann hätte ich allerdings nicht mehr mit der Dame viel Platz. Vor dem Bett stehen noch 4 Stühle, zur genaueren Beobachtung des Bettes. In einem anderen Zimmer hätte man Platz für eine elektrische Eisenbahn. Alles etwas daneben. Abends ging es nach Grinzing zum Weingut Müller. Wir saßen schön im Gastgarten, als es zu regnen anfing. Uns wurde das Essen in die Stube getragen. Mein erster Alkohol seit 4 Monaten. Mit Straßenbahn und U-Bahn zurück ins Hotel. Am öffentlichen Nahverkehr in Wien könnte sich Berlin eine Scheibe abschneiden.

Kirche am Steinhof

Otto-Wagner-Krankenhaus

Otto-Wagner-Villa
Wagners Lotterbett
Wien am Abend


Montag, 7.7.

Vormittags mit Usch durch die Stadt geschlendert. Erstes Ziel war der Stephans-Dom. Mittags mit dem Schiff nach Bratislava, Maximalgeschwindigkeit über 60 Stundenkilometer, in etwas über einer Stunde dort. Es sind immerhin fast 60 km. Früher fuhr eine Straßenbahn von Wien nach Bratislava. Zuerst zum Dom Sankt Martin. Dort ist der Heilige Martin ein ungarischer Husar, der seinen Mantel mit einem Degen teilt, er war wirklich Ungar, wie mir Annelies versicherte. Danach ging es in ein historisches Café. Das teuerste Eis meines Lebens gegessen,13 €. Danach hoch auf den Burgberg. Erwähnenswert ist die Schnellstraße mit Donaubrücke, mitten durch die Stadt. Sie teilt Bratislava in 2 Hälften, eine absolute städtebauliche Fehlleistung und das schon zu sozialistischen Zeiten. Mit dem schnellen Schiff zurück nach Wien. 15 km/h langsamer, da es stromaufwärts geht. Schengen ist, dank AFD, Bundeskanzler und Ähnlichem, Geschichte, Ausweiskontrolle in Wien. In die Slowakei möchte wohl niemand, dort gab es bei der Hinfahrt keine Kontrolle.

Donaubrücke von Bratislava

Teure historische Konditorei


Dienstag, 8.7.

Um 7 Uhr gefrühstückt und mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof. Der Zug nach Brno war etwas spät und recht voll. Gepäck im Hotel abgegeben und mit dem Zug nach Žďár nad Sázavou gefahren, weiter mit dem Stadtbus zur Wallfahrtskirche des Heiligen Nepomuk. Von außen sehr schön, innen naja. Ich bin zu Fuß zurück zum Bahnhof und um kurz vor 19 Uhr in Brno angekommen. Im Grand Hotel eingecheckt und ein Grand Zimmer bekommen. Im Hotel tschechisch gegessen. Schlecht eingeschenktes Bier. Ein langer Tag, mit viel Zug und wenig Programm.

St. Nepomuk Kirche

St. Nepomuk Kirche


Mittwoch, 9.7.

Ich bin vormittags allein durch die Stadt geschlendert. In die grausliche Kapuzinergruft, in die dazugehörige Kirche und in den Dom. Viele Straßenbahnen in Brnó. Ich habe eine Tageskarte dafür, für die beiden Innenstadtzonen, gekauft, 70 Kronen, ca. 2,80 €. Später stellte sich heraus, dass über siebzigjährige umsonst fahren. Mit der Straßenbahn um 12 zum gemeinsamen Treffpunkt, der Villa Tugendhat. Die Villa Tugendhat ist ein Meisterstück der Moderne von Ludwig Mies van der Rohe. Im obersten Stockwerk, das wegen der Hanglage auf Straßenhöhe ist, befinden sich die Privaträume, wie Schlafzimmer, Kinderzimmer etc. Im Stockwerk darunter der Wohnbereich. Ein einziges Zimmer mit Raumteilern aus Holz und Marmor. Es ist so groß, dass ein Konzertflügel verloren darin aussieht. Viel Platz für meine elektrische Eisenbahn. Die würde allerdings die Eleganz stören. Im Stockwerk darunter sind die Funktionsräume, wie Küche, Heizung, usw. Erbaut wurde die Villa von den jüdischen Textilunternehmern Grete und Fritz Tugendhat, 1929/30. Große Teile der Familie Tugendhat hatten den Weitblick, Ende 1938 das Land zu verlassen, bevor die Nazis kamen. Sie haben die Ergebnisse der Münchner Konferenz zwischen den Nazis und den Engländern richtig gedeutet. Dort verhandelten Leute über Dinge, die ihnen nicht gehörten. Die Tschechen und Slowaken waren nicht dabei. Die Tugendhats sind dadurch dem Schicksal der meisten Juden Europas entkommen. Nun ja, sie hatten auch die Mittel dazu.

Václav Klaus und Vladimír Mečiar verhandelten in der Villa über die unsägliche Teilung der Tschechoslowakei. Nachmittags habe ich einen Tisch im Bierlokal Pegas reserviert. Bärbel hatte in ihrem Oktavheft mit den Aufzeichnungen unserer Reise von 1996 das Lokal gefunden. Eine gute Wahl.

Brno

Rathaus von Brno

Villa Tugendhat

Villa Tugendhat

Gasthof Pegas


Donnerstag, 10.7.

Früh aufgewacht und erst mal in die große Badewanne. Wir haben die falschen Fahrkarten nach Wroclaw, sie sind für morgen. Was macht man da? Erstmal in Ruhe frühstücken! Neuer Zug um 12:54, 2 Stunden später. Umsteigen in Ústí nad Olicí, 2 Stunden Zeit.  Gleiswechsel in Ústí, beinahe den Zug verpasst.  Gleise sind bei den tschechischen Bahnen kompliziert. Um 19 Uhr in Wroclaw, eine ¼ Stunde zu spät. Der Zug hatte unterwegs eine kleine Panne, der Konduktor musste alle Räder außen absuchen. Wir sind über irgendwas rübergefahren. Abends mit Usch noch in ein Restaurant. Teigtaschen und ein alkoholfreies Bier, ungenießbar. Kurzer Spaziergang an der Oder entlang.

Gran Hotel in Brno


Wroclaw, Oder


Freitag, 11.7.

Los Richtung Oder und Dom. Dort waren wir gestern im Restaurant. Es gab einen Aufmarsch von Burschenschaftlern mit Degen, Rechtsradikalen und auch das polnische Militär, samt alter Soldaten, war dabei. Wo waren die alten Herren in sozialistischen Zeiten? Es ging um die Einführung eines Feiertags. Die Ukrainer hatten unter den Augen der Nazis, von 1943 bis Kriegsende bis zu 100000 Polen massakriert (Massaker von Wolhynien). Aber auch die Polen waren nicht fein. Mein Gott, laufen wir in eine beschissene Zeit hinein. Wir waren auf dem Turm des Domes. Danach ging es in die schöne Markthalle. Dort habe ich eine gefüllte Paprikaschote gegessen. Am Nachmittag ging es zur Jahrhundert-Halle. Ein seltsames Deja Vu. Von dort gibt es ein Bild aus meines Vaters Kriegs-Bilderalbum. Er war 1943 in Breslau stationiert. Dass ich mal hierherkomme? Abends in die Elisabeth-Kirche zum Orgelkonzert und danach gemeinsam in ein Restaurant.

Oderbrücke mit Dom


Usch und Brigitte in der Markthalle, an den Kaffeesäcken


Marktplatz von Wroclaw


Jahrhunderthalle

Jahrhunderthalle, 1943



Samstag, 12.7.

Morgens zum Schloss Fürstenstein, dem Stammsitz der Schlotbarone (Braunkohle), von Hohberg. Er war mit der schönen Engländerin Daisy verheiratet mit der er 3 Kinder hatte. Er nahm sich später eine junge Spanierin, die fast wie ihre Vorgängerin aussah, nur halt viel jünger. Dann kam der Familienskandal. Sie lachte sich ihren mittleren Stiefsohn an, verführte ihn. Bolko hatte mit ihr einen Sohn. So war er Bruder und Vater zugleich. Nach dem Schloss ging es noch in die Unterwelt. Von Führerhauptquartier, über Atombomben-Entwicklungszentrum waren Deutungsversuche der Katakomben. Nichts Genaues weiß man nicht. Abends ging es noch in die große Holzkirche von Świdnica (Schweidnitz). Nach dem Dreißigjährigen Krieg war es vom Kaiser in seinem Einflussbereich verboten, evangelische Kirchen aus Stein zu bauen. Innen ist die Kirche in goldenem Barock gehalten.

Schloss Fürstenstein


Schloss Fürstenstein


Friedenskirche


Sonntag, 13.7.

Um 9 Uhr los Richtung Karpaz, Krummbügel. Zuerst zur norwegischen Stabkirche. Viel Trubel und lange Wartezeit auf eine deutsche Führung. Dann zur Sesselbahn zum Vorgipfel der Schneekoppe, dem höchsten Berg des Riesengebirges. Etwa 1 km bergauf zur riesigen Berghütte. Dahinter thronte mächtig die Schneekoppe. Gerne wäre ich rauf gegangen. Das Wetter hätte gepasst. Es war besser als angesagt.

Stabkirche


Berghaus an der Schneekoppe


Schneekoppe



Montag, 14.7.

Noch ein gemeinsames Frühstück, dann auf die Straßenbahn. Solange mit dem Fahrscheinautomaten rumgezackelt, bis wir am Hauptbahnhof waren. So haben wir uns die polnische Rentner-Freifahrt erschlichen. Zeitig dort, und es ging pünktlich los. Mit 15 Minuten Verspätung in Frankfurt/Oder. Keine Ansage, keine Hinweise zum SEV. Diese Abkürzung ist uns inzwischen schon sehr geläufig. Inzwischen sitzen wir im Bus zum Berliner Hauptbahnhof. Der Fahrer spricht nur englisch und seine osteuropäische Muttersprache. Recht schnell zuhause.