Island & Grönland vom 6. – 29. Juni 2023
Dienstag, 6.6.
Um 10:15 fuhren wir mit der Taxe gen BER. Zum Glück hatten wir die richtige Richtung. Uns entgegenkommend war mächtig Stau, 4 Autos sind ineinander gefahren. Festgeklebt war auch niemand. Sehr pünktlich am Flughafen. Die Schalter waren noch nicht offen. Dann schnelle Abfertigung und Sicherheitschecks. Der Laptop wurde angemault, weil ich ihn nicht ausgepackt hatte. Wäre mir früher nicht passiert. Durch das große Teleobjektiv wurde extra durchgeschaut. Die Koffer haben einen Anhänger mit KEF (Reykjavik) dran, nun müssen sie nur noch ankommen. Wir hoffen auf mehr Glück als im letzten Jahr. Jetzt warten, warten, warten. Der Flug ging wie geschmiert und fast auf die Sekunde pünktlich. Wir hatten 2 Plätze über der linken Tragfläche am Notausgang. Dadurch hatten wir viel Beinfreiheit. In 3 Stunden und 40 Minuten waren wir auf Island. Wichtig, beide Koffer sind in Reykjavik angekommen. Mit dem Hurtigruten-Bus in einer Stunde zum Schiff, der MS Fridtjof Nansen. Es ging durch eine vulkanische, öde Landschaft. Man sah ein dampfendes Geothermie-Kraftwerk. Island braucht durch den Vulkanismus und die dünne Erdkruste überhaupt keine fossilen Brennstoffe, außer für die Autos. Nun, das hat andere Nachteile. Einchecken war einfach. Wir haben eine geräumige und komfortable Kabine, das Internet funktioniert, der Rechner zickt nicht. Das haben wir schon ganz anders erlebt. Das GPS geht auch am Kabinen-Fenster, wenn wir regelmäßig dessen Batterie wechseln und ordentlich die Daten sichern, werden wir ein vollständiges Log der ganzen Reise bekommen. Obligatorische Sicherheits-Unterweisung. Schönes Abendbrot, die Koffer ausgepackt und zum Umtrunk des Käpt’n, der die Crew vorstellte. Das Schiff ist nicht voll. Es gibt 530 Betten, davon sind 325 belegt. Das Schiff ist mit 20000 Brutto-Register-Tonnen erheblich größer als die MS Spitsbergen (7500 BRT), mit der wir 2022 um Spitzbergen gefahren sind. Zeitig ins Bett, in Deutschland geht es schon auf 1 Uhr zu.
Mittwoch, 7.6.
Ich bin früh aufgewacht. Nochmal das GPS und die Zeitzone kontrolliert. Schließlich sollen die Bilder gut eingenordet werden. Nach dem Frühstück gab es die Pflichtveranstaltung „Verhalten in der Arktis“. Alles so lassen wie es ist, nur den Müll mitnehmen, sonst nichts. Keine Schlittenhunde streicheln. Schade, ich erinnere mich so gerne an Dublin, der freundlichste und bedürftigste Hund in Longyearbyen, letztes Jahr. An Deck gab es die Möglichkeiten nach Meeressäugern und Vögeln Ausschau zu halten. Gesehen haben wir keine. Wir sind in Stykkishólmur angekommen. Ab Mittag kann man mit den großen Tenderbooten vom Schiff in den Hafen der Stadt fahren, wo unser Schiff nicht hineinkommt. Wir haben uns nach dem Lunch noch einmal eine Stunde aufs Ohr gelegt. Die Zeitumstellung scheint uns noch im Griff zu haben. Um halb drei sind wir dann rüber und erstmal zum kleinen Leuchtturm hochgelaufen, der auf einem Basaltberg steht. Interessant: Gleich am Hafen empfangen uns 2 Regenbogenfahnen. Die Isländer sind tolerante Leute, gut so. Leider gibt es nur 390000 von ihnen und Milliarden andere. Überall sieht man jetzt die rotgelben Jacken. Mit anderen Gästen haben wir uns eine Bank geteilt und eine Weile geschnackt. Dann sind wir zurück zum Anleger, wo die Stadtführung begann. Ein einheimischer ehemaliger Lehrer führte uns durch die Stadt. Krankenhaus, die Kirche, die Schule und viele Sommerhäuser wurden gezeigt. Alt ist hier alles nicht. Die Krönung war eine Verkaufsstelle von Eiderenten-Daunen mit einem kleinen Film beim Tee. Diese Enten sind zu putzig. Nach dem Abendessen noch 2 Vorträge über die Wissenschaft an Bord und das morgige Programm.
Donnerstag, 8.6.
Patreksfjördur, der westlichste Ort Europas. Ein ödes Kaff, hier möchte ich nicht tot über den Zaun hängen. Bis 1989 gab es hier nicht einmal Bier, natürlich in ganz Island nicht. Todesmutig schlossen wir uns der Stadtbesichtigung an, die hauptsächlich aus der Fischfabrik bestand. Was es da für Fische gab! Viel anderes als Fisch gibt es, außer uns, hier nicht. Interessant waren die Kabeljaukriege von 1958 bis 1976, als Island seine Fischereigrenzen von ursprünglich 12 Seemeilen über 50 sm auf 200 sm ausdehnte. Die britische Kriegsmarine schützte ihre Fisch-Trawler, deren Netze von den Isländern zerstört wurden. Inzwischen ist die 200 Meilen-Zone anerkannt und auch Island hat sich Fangquoten auferlegt. Abends launige Vorstellung des morgigen Programms. Wir werden mit den Schlauchbooten anlanden und am Strand wandern. Dann wurde vom Goldregenpfeifer erzählt, dessen Ankunft den Frühling in Island ankündigt. Das Lied über ihn wurde gemeinsam gesungen, natürlich in Isländisch.
Freitag, 9.6.
Großes Kino bei der Ankunft im Skagafjödur im Norden Islands. Die Sonne scheint über einer großen Kulisse. Leider ist der Wind so stark, dass die Anlandung nicht stattfinden kann. Schade, darauf haben wir uns sehr gefreut. Weiter ging es nach Siglufjördur, es setzte wieder Regen ein. Wir setzten mit dem Tenderboot über. Auch in dieser Stadt ist nicht viel los, es ist allerdings hübscher hier als gestern. Ins hiesige Heringsmuseum wollten wir nicht. Nachmittags in die Sauna. Ein Franzose kam sprachgewaltig, wie die Franzosen so sind, über den Damenumkleidebereich in die Sauna. Am Abend haben wir in Akureyri, der zweitgrößten Stadt Islands, angelegt. Sie liegt am Ende eines großen Fjords, ganz im Norden. Eine Kleinstadt, die auf groß machen will. Sehr seltsame Stimmung im Ort. Man sieht fast nur Asiaten, die Besatzungen unseres Schiffs und eines riesigen Kreuzfahrtschiffes.
Samstag, 10.6.
Akureyri, zwei riesige Schiffe hatten vor und hinter uns am Pier angelegt. Vormittags ging es mit einem norwegischen Stadtführer durch den kleinen Ort, hatten wir fast alles gestern Abend schon gesehen, diesmal gab es aber ein paar gute Erläuterungen. Um 13 Uhr ging es dann mit dem Bus auf große Fahrt. Es ging über die östlichen Randberge des Inselfjords in eine atemberaubende Landschaft. Anfangs durch eine große Hügellandschaft mit vielen Schafen, Kühen und schönen Island-Pferden. Dann schlossen sich riesige Lavafelder an. Eine wilde Landschaft, hier ist der Vulkanismus recht stark. Nach 90 Minuten waren wir am angesteuerten Natur-Bad Myvatn (Mückensee) angekommen. Das Wasser ist schweflig und schön warm. Über eine Stunde hatten wir einen Polarplansch, das gilt eigentlich nur für das Baden im Meer, nur ist der Begriff so schön. Auf halbem Weg zurück nach Akureyri besuchten wir noch Godafoss, einen 12 m hohen und 30 m breiten Wasserfall. Als wir am Inselfjord ankamen, konnte man von oben die schwimmenden Schrankkoffer neben unserem kleinen Schiffchen, das dagegen wie ein Rettungsboot wirkte, noch mal sehen. Mich würde es auf solchen Schiffen grausen.
Sonntag, 11.6.
Leider hat es mit der Anlandung auf der Insel Grimsey wegen des starken Windes nicht geklappt. Ich habe mich so auf die Papageientaucher gefreut. So musste das Programm an Bord stattfinden. Wir haben heute den Polarkreis, 66 Grad und 33 Minuten, überquert, deshalb gab es die Polarkreistaufe. Ägir goss mir Eiswasser in den Kragen, uhh. Aber, ich war mutig. Es gab dafür einen Aquavit, den Lebertran vorher habe ich verschmäht. Gerne erinnere ich mich an die erste Taufe auf der Postschiffroute, 2015. Damals war die schöne Reiseführerin Marte dabei. Nachmittags gab es einen Rundgang durch Húsavík mit seinem Walmuseum mit dem Schiffsfotografen Martin, mit vielen Tipps. Ein hübscher Ort.
Montag, 12 .6.
Anlandung mit den Schlauchboden in Bakkagerdi an der Ostküste Islands. Wunderschönes Wetter, endlich ohne Wind. Gleich nach dem Anlegen ging es auf einen kleinen Berg, unmittelbar am Meer, mit einer Papageientaucher-Kolonie. Es sind putzige, knuffige und schöne Vögel. Ängstlich sind sie hier nicht, man kommt 4-5 m an sie heran. Sie sind keine eleganten Flieger, wie die Möwen, sie flattern eher, aber nicht langsam. Sie sind leise, im Gegensatz zum Geschrei anderer Vogelkolonien. Englisch heißen sie Puffins. Ein Erlebnis! Ein Exemplar ist seit Spitzbergen bei mir zu Hause und mit auf dieser Reise. Nach einer Fotoorgie hat uns ein Shuttlebus von der Anlandungs-Stelle die 7 km in den Ort gebracht. Es ist ein kleiner Touristenort. Am Nachmittag durften wir die Brücke besuchen. Alles nur noch Computer, ein Steuerrad sucht man vergebens. Der Steuermann sitzt in der Mitte, ein zweiter Offizier starrt auch nach vorn, kein schöner Job. Gefahren wird hauptsächlich automatisch, per Autopilot.
Dienstag, 13.6.
Vormittags sind wir am Vatnajökull, dem zweitgrößten Gletscher der Welt, vorbeigefahren. Leider war es recht diesig. Um 12 Uhr haben wir auf der Insel Heimaey angelegt. Es war ein sehr schwieriges Anlegemanöver, weil die Hafeneinfahrt extrem schmal ist. Raus war es noch schwieriger, weil das Schiff rückwärtsfahren musste. Auf der Insel ist 1973 unvorhergesehen ein Vulkan ausgebrochen. Alle Bewohner mussten im Januar 73 evakuiert werden, viele Häuser sind unter der Lava und der Asche verschüttet worden. Wir sind auf den Eldfell, den Vulkan, der damals entstanden ist, hinaufgestiegen. Es war eine wunderbare Aussicht dort oben, man konnte bis zum Vatnajökull hinüberschauen. Der leichte Anstieg von 200 m hat sich gelohnt. Am Abend sind wir noch am Leuchtturm von Tridrangar vorbeigefahren. Er steht auf einem hohen Felsen, das ultimative Fotomotiv in dieser Gegend.
Mittwoch, 14.6.
Frühe Ankunft und kurzes Frühstück in Reykjavik. Die Insel ist mit 2800 km umrundet. Hier geht ein Großteil der Passagiere von Bord, heute Abend kommen neue Gäste, um mit uns nach Grönland zu fahren. Vormittags gab es eine Stadtführung mit Ursula, für die Verbleibenden. Die Stadt reißt uns nicht vom Hocker. Die Beton-Kirche ist eher hässlich. Ein paar „Norwegische“ Häuser in der Altstadt sind ganz hübsch. Leider mussten wir die Rettungseinweisung ein zweites Mal besuchen, weil eine neue Reise beginnt. Nachmittags haben wir noch 2 Mückennetze für den Kopf gekauft. In Grönland soll es viele der Plagegeister geben. Pünktlich um 20 Uhr legten wir gen Grönland ab. Wir hatten beim Abendessen einen Logenplatz am Heck des Schiffes, konnten die Ausfahrt aus dem Hafen Reykjaviks mitverfolgen. Wieder eine Zeitzone weiter. Dies wird uns bei der Rückfahrt noch zu schaffen machen. Die Wetteraussichten für morgen sind gut, es ist, bei 1 – 2 m hohen Wellen, nicht mit Seekrankheit zu rechnen.
Donnerstag, 15.6.
Erster Tag auf hoher See. Wir überqueren die Dänemark-Straße, eine Entfernung von ca. 1300 km. Bei einer Geschwindigkeit von 27 km/h, das sind 17 Knoten, wird das ziemlich genau 2 Tage dauern. Wir haben Glück, wenig Wind und kaum Wellen, das wird wohl ohne Seekrankheit abgehen. Nun, es wird noch eine Rückfahrt geben. Es gab die Vorstellung des Expeditions-Teams. Lara war dabei, sie kennen wir von der Spitzbergen-Umrundung im letzten Juli. Sie ist die Organisatorin der Kajak-Touren. Sie betonte mehrmals, dass sie allein mit ihrem Plastik-Boot lebt. Die Anlandungen in Grönland werden sehr wetterabhängig sein. Schauen wir mal. Ich brüte eine Erkältung aus. Wir sind schon um 20 Uhr im Bett.
Freitag, 16.6.
Zweiter Tag auf hoher See. Die Wellen sind etwas höher. Wir haben zwei Ziele getauscht, da in Qaqortoq zu viele Eisberge im Weg sind, fahren wir zuerst nach Ivittuut und auf der Rückfahrt in den Ort mit den vielen Qs. Grönland kam in Sicht. Es ist viel Eis im Wasser, überwiegend sehr kleine Brocken und etwas Größere. In einer Kampfkurve sind wir einem größeren Brocken ausgewichen. Nachmittags bis abends saßen wir mit Ivana und Andreas, 2 Schweizer Mitpassagieren zusammen und erzählten.
Samstag, 17.6.
Isländischer Nationalfeiertag, Tag der Deutschen Einheit. Der Tag des Volksaufstandes in der DDR 1953 gerät langsam in die Vergessenheit. Wir sind in Grönland angekommen. Nach dem Frühstück sind wir in den großen Arsuk-Fjord mit großen Eisbergen eingelaufen. Größer als in Spitzbergen, obwohl wir viel weiter südlich sind. Der Golfstrom bewirkt einiges. Am Nachmittag haben wir dann erstmals, mit wackligen Beinen, aus dem Schlauchboot heraus grönländischen Boden betreten. Wir sind an der, 2012 aufgelassenen, Bergwerkssiedlung Ivittuut angelandet. Ein seltsamer Ort, dort wurde Kryolith in einer tiefen Grube, im Tagebau, abgebaut. Dort zu arbeiten, muss grausam gewesen sein. Inzwischen ist die Grube voll Wasser gelaufen. Kryolith ist ein wichtiger Rohstoff zur Aluminiumgewinnung.
Sonntag, 18.6.
Über Nacht die 230 km zum Kvanefjord und in diesen 40 km hineingefahren. Am Ende des Fjordes werden seltene Erden geschürft, davon haben wir nichts gesehen. Dabei fällt radioaktiver Abraum an, was der momentanen grönländischen Regierung egal ist. Die arktische Region ist sehr empfindlich, Geld regiert die Welt, auch hier. Es ging nach dem Frühstück in die Schlauchboote zu einer Rundfahrt an die Gletscherzunge am Ende des Fjordes heran. Die See war spiegelglatt und wir waren zu warm angezogen, es war um die 18°. Blankgeputzter Himmel und viel Eis im Wasser, aber meist nur kleine Teile. Der Gletscher reicht vom Inlandeis bis in den Fjord und setzt dort sein Eis ab, der Gletscher kalbt. Ein toller Ausflug mit den Schlauchbooten. Zurück musste es sehr schnell gehen, damit die anderen Gäste noch in den Genuss kommen konnten. Das war dann etwas nässer, Spritzwasser kam ins Boot. Nachmittags ging es dann an Land, mit den Booten. Es gab aber keine neuen Erkenntnisse und andere Aussichten. Inzwischen liegt das Schiff still im Wasser, dafür schwankt der Rest der Welt. Nachdem wir abends den Fjord verlassen hatten, waren die ersten richtigen Eisberge, die süd-westwärts drifteten, zu sehen. Dagegen war alles, was wir bisher gesehen hatten, winzig.
Montag, 19.6.
Mit voller Fahrt nach Maniitsoq, über Nacht und den Vormittag. Um 13 Uhr sind wir angekommen. Zur Begrüßung knatterte ein offenes Boot in Kudammrasermanier um unser Schiff. Solche Leute gibt es überall. Dieser kleine Ort hat alles, Kindergarten, Schule bis zur 10. Klasse, Internat, Altenheim und Arbeit in der Fischerei/Fischfabrik. Trotzdem kann ich mir kaum vorstellen hier zu leben, obwohl es eine grandiose Aussicht auf hohe schneebedeckte Berge gibt. Schnee gibt es von November bis Mai, Schneereste sind jetzt noch vorhanden. Wir hatten eine gute Führung mit einem einheimischen Führer durch die Stadt.
Dienstag, 20.6.
Morgens um 8 in Sisimiut, der zweitgrößten Stadt Grönlands angelegt. Sisimiut ist ein ganzjährig eisfreier Hafen. Noch in Ruhe gefrühstückt, dann rein ins „Getümmel“. Viele Häuschen gehören zum örtlichen Kololonialhistorischen Museum. Dort werden Boote, Kleidung usw., also eher folkloristische Dinge gezeigt. Die Stadt liegt wie Rom auf 7 Hügeln, deshalb gibt es auch keine bunte Schauseite. Vom Hafen geht’s erstmal den Berg hoch. Sie ist eher industriell und handwerklich geprägt. Erwähnenswert ist Jørgen C. F. Olsen, 1916 – 1985, genannt Lumumba, der sich für die Unabhängigkeit Grönlands von Dänemark einsetzte. Auch Gelegenheit, sich mit dem 1960 ermordeten kongolesischen Patrice Lumumba zu beschäftigen. Was dabei Belgien und die USA verbrochen haben, stellt bei mir die Nackenhaare auf. Wir kauften unterwegs noch kurzärmliche T-Shirts, jetzt kann es kalt werden. Über viele Holztreppen abwärts ging es zurück zum Hafen. Nach der Ausfahrt gingen die Wellen hoch und wir gingen in die Explorer-Lounge, um den Horizont im Auge zu behalten. So etwas verhindert die Seekrankheit. Als dann das Schiff Richtung Norden drehte, wurde es ruhiger.
Mittwoch, 21.6.
Mittsommer, das erste Mal im Norden und der grönländische Nationalfeiertag. Wir sind um 8 Uhr in Ilulissat angekommen. Das Schiff liegt im Eis, am unteren Rand des Eisfjordes. Gestern kurzärmlige T-Shirts eingekauft, prompt ist heute der kälteste Tag, es ist nur 1°. Die Einteilung auf die Boote zu unserer Eisfjordfahrt war katastrophal, sehr ärgerlich. Da wusste die linke Hand nicht, was die rechte tut. Organisatorisch läuft einiges nicht an Bord, das kennen wir ganz anders. Wir sind letztendlich doch auf ein kleines Boot gekommen, das uns durch die Eisberge fuhr. Wenn auch mit vielem Warten in der Kälte. Sie waren riesig. Auch der Titanic-Eisberg nahm hier seinen Ursprung, im Fjord. Nachmittags brachte uns ein Bus an einen Wanderweg entlang des Eisfjords. Tolle Aussichten. Ilulissat ist bisher der heruntergekommenste Ort, den wir besucht haben. Er liegt nördlich des Polarkreises, deshalb dürfen hier Schlittenhunde gehalten werden. Schöne Hunde, nur werden sie nicht besonders schön gehalten. Nun, wir kennen Hunde auch nicht so sehr als Arbeitstiere. Wegen des Feiertages weht überall die Grönländische Flagge. Es wehten aber auch dänische Flaggen. Autos mit grönländischen Kennzeichen, aber zusätzlich mit „DK“ gibt es auch. Ganz ausgestanden scheint die Trennung von Dänemark noch nicht zu sein.
Donnerstag, 22.6.
Der nördlichste Punkt unserer Reise ist erreicht, 70°. Am Vormittag wurden die Schlauchboote ausgesetzt. Wir sind auf zu einer Rundfahrt in der Disko Bay aufgebrochen und dass bei 2°. Nach einer Stunde waren wir Eiszapfen. Im Anschluss hätte es eine Anlandung am Strand gegeben. Zu kalt für uns.
Ärger mit Hurtigruten. Es gibt eine Liste, auf der die Transfers zum Flughafen kommenden Donnerstag veröffentlicht sind. Wir waren nicht mit dabei. Da mussten wir beim Expeditions-Team vorsprechen. Dieses wollte unsere Rechnung sehen. Ich habe sie ihnen zugemailt, ist aber nicht angekommen. Mussten sie vom Handy abfotografieren. Zum Datensatz der Company hat man hier keinen Zugriff. Wie sind nur unsere Namen, die Kabinennummer und die zusätzlichen gebuchten Ausflüge an Bord gekommen? Man wird sie wohl Zeichen für Zeichen im Eimer aufs Schiff getragen haben. Real professionals! Nun, auch in der Organisation der Ausflüge ist etwas der Wurm drin. So fallen sie auch in die Essenszeiten, ohne angebotenen Ersatz. Heute hätte es für uns unmittelbar im Anschluss an die Rundfahrt die Überfahrt zur Anlandung gegeben. Also runter vom Schlauchboot und innerhalb von Minuten wieder rauf auf ein anderes und dass schön durchgefroren, ohne Mittagessen, s. o.
Freitag, 23.6.
Einfahrt in den Evighet Fjord, Ewigkeits Fjord, bei bestem Wetter. Wir sind 22 km in den Fjord hineingefahren, dann wurden die Schlauchboote ausgesetzt und es ging noch etwas näher an die Gletscher heran. Eine beeindruckende Bergkulisse tat sich auf. Tausende Vögel auf den Eisschollen und den Felswänden waren zu sehen. Überwiegend waren es die uns bekannten Dreizehen-Möwen. Ein wunderbarer Nachmittag.
Samstag, 24.6.
Ankunft morgens in Nuuk, der Hauptstadt Grönlands. Ein Bus brachte uns vom Atlantik-Hafen in die Innenstadt. Grönländische Städte sind nicht allzu interessant, sie sehen fast alle gleich aus, mit ihren bunten Häuschen, manche gepflegter als andere. Nuuk ist etwas anders, es ist eine Boomtown mit vielen Mehrfamilien-Blocks, Plattenbauten. Verstreut in der felsigen Landschaft sind sie nicht besonders schön. Überall wird gebaut. Die Leute sind sehr freundlich. Jedes Lächeln wird erwidert. Wenn man sich am Zebrastreifen bedankt, wird zurückgewinkt, usw. Nun, selbst in einer Stadt mit 20000 Einwohnern, stellen samstagmorgens die Leute mit ihren rot-gelben Hurtigjacken die Mehrheit in der Hauptstraße. Das gab sich etwas am Mittag. Wir ziehen Exkursionen in die Natur wie gestern vor. Allerdings die heidnische Sedna, die vollbusige Mutter des Meeres, beeindruckte mich. Wir hatten Glück, bei Flut ist sie teilweise unter Wasser, was sich für die Mutter des Meeres vielleicht gehört. Über ihr, auf dem Berg steht die Statue von Hans Egede, dem dänischen Missionar. Da scheiden sich die Geister, in Christliche Religion und Naturglauben. Hans Egedes Denkmal wurde auch schon mit roter Farbe übergossen und auf dem Sockel stand "DECOLONIZE". Diese Sache scheint in Grönland noch nicht abgeschlossen zu sein. Sie hat ihre Wurzeln in der kolonialen Vergangenheit.
Sonntag, 25.6.
Um 15 Uhr im Ort Qaqortoq angekommen, den wir auf der Hinfahrt wegen des vielen Eises nicht anlaufen konnten. Auch diesmal gab es viel Eis unterwegs. Gerade das Gegenteil gesagt. Dieser Ort ist wunderschön, die Häuser haben Vorgärten und auch sonst sieht alles ordentlich aus. In der Kirche machten Vater und Tochter Musik. Erst ein Stück von Leonhard Cohen, danach ein traditionelles Stück mit der grönländischen Trommel, bei der nicht auf das Fell geschlagen wurde, sondern auf den hölzernen Rand. Die traditionelle Trommel wurde durch die christlichen Kolonialherren verboten, nun wird sie wieder in der Kirche geschlagen. Danach Vorführung von Eskimo-Rollen im Kajak, nun ja. Zum Kaffee in einer Familie, war sehr nett. Die Mücken entpuppten sich eher als kleine Fliegen. Abends noch mit dem Schiff tiefer in den Fjord hinein gefahren. Schneller Abschied von Grönland, die Fahrt morgen in den Prins-Christian-Sund ist wegen des vielen Eises abgesagt. Es geht im weiten Bogen zurück nach Island. Eine unruhige Überfahrt könnte es geben.
26.-28.6.
Grönland liegt leider hinter uns. Wir sind vor der südlichsten Landspitze Grönlands und drehen Richtung Island. Wir haben noch 1400 km vor dem Bug. Zeit, Bilanz zu ziehen, und der Vergleich zu Spitzbergen im letzten Jahr drängt sich auf. Mit der MS Spitsbergen hatten wir ein wesentlich kleineres Schiff, fand ich gut. Auf Spitzbergen /Svalbard gab es wesentlich mehr die arktische Einsamkeit, auch das fand ich besser. Die Städte in Island und Grönland sind eher langweilig. Nun ja, nicht schlecht, sie mal gesehen zu haben, das erweitert den Horizont. Auf jeden Fall fehlt mir die toughe Monica, mit ihrem Expeditions-Team. Dagegen sind wir hier auf einem Vergnügungsdampfer, der auf Abenteuer macht. Expedition ist eh ein sehr hochgestochener Begriff. Die Highlights auf dieser Reise waren Stykkishólmur mit der Stadtführung, Bakkagerdi mit Papageientaucherfelsen, der Ausflug zum Myvatn-See mit dem Naturbad, die Insel Heimaey mit ihrem Vulkan, die Fahrt durch den Ewigkeits Fjord, der Eisfjord bei Ilulissat und der Ort Qaqortoq. Diese Ausflüge können durchaus mit Spitzbergen mithalten. Auf Spitzbergen gab es nur Highlights. Erstaunlich ist die Menge Eis vor Grönland, hatte ich so noch nicht gesehen, dagegen schwimmen vor Spitzbergen nur sehr kleine Eishügelchen herum. Spitzbergen und diese Reisen sind sehr lohnend, nur Spitzbergen war ein Quäntchen besser.
2. Tag in der Dänemark-Strasse, Sedna ist gnädig, kaum Wellen und Wind. Heute müssen die Gummischuhe abgegeben werden. Sonst, außer Essen, kein Pflichtprogramm. Es gab ein Fisch-Buffet. Ein Alb-Traum für einen Fischfreund wie mich. Vom Buffet schauten mehr Augen heraus als hinein. Es gab aber auch Rentierfilet, das war mit das leckerste, was ich je gegessen habe.
3. Tag auf See, 400 km bis Reykjavik. Irgendwer hat Sedna verärgert, die stärksten Wellen bisher. Einige Leutchen an Bord schauen recht kariert. Einweisung, wie morgen früh der Ausstieg vonstattengeht. Bärbel hat eine Flasche Prosecco vom Käpt’n, zu ihrem morgigen Geburtstag bekommen. Sehr aufmerksam. Um 21 Uhr die gepackten Koffer an den Fahrstuhl gebracht, dann kurze Nacht.
Donnerstag, 29.6.
Um 5:30 letztes Frühstück an Bord, um 6:30 Transfer zum Flughafen Reykjavik, vorbei am Cityairport. Berlin hat gerade einen abgeschafft. Das kleine Reykjavik ist schlauer. Berlinern ist inzwischen nicht mehr unsere Sprache, sondern Versagen, Verschleppen und Verschlampen.
Knappe Umsteigezeit in Amsterdam. Wir haben es geschafft, unsere Koffer nicht. Wieder Trödel! Wir konnten, ohne schwere Koffer, mit der S-Bahn fahren. Das sparte 60 € für das Taxi, immerhin etwas. Die Koffer wurden uns Freitagabend gebracht.